Interview: Anhaltendes Engagement für den Klimaschutz trotz der Krise

von Samuel Held and Julia Unverzagt, GIZ/EUKI

Die EUKI-Projekte CEE Climate Policy Frontier und Landscape of Climate Finance, die von WiseEuropa in Warschau durchgeführt werden, zielen darauf ab, zur Verbesserung der sektoralen Klimapolitik in der Region Mittelosteuropa (MOE) und auf europäischer Ebene beizutragen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Sektoren Verkehr und Bauwesen, die nicht in das Emissionshandelssystem (ETS) der EU einbezogen sind (lesen Sie WiseEuropas aktuellen Bericht hier). Wir haben mit Aleksander Śniegocki, Leiter des Energie-, Klima- und Umweltprogramms bei WiseEuropa, gesprochen. Aleksander berichtet, dass WiseEuropas wissenschaftliche Arbeit und ihre Online-Treffen trotz der Krise nicht auf allzu viele Hindernisse stoßen. Darüber hinaus betont er, dass ein mögliches Konjunkturpaket der EU keine kohlenstoffintensiven Investitionen beinhalten sollte und dass schnelles Handeln im Angesicht der Krise nicht auf Kosten langfristiger struktureller Veränderungen gehen sollte.

Veröffentlicht: 05. Mai 2020
warsaw

Aleksander, wie wirkt sich die aktuelle Krise auf die Arbeit in Euren EUKI-Projekten aus? Gab es aufgrund der Krise schon viele Änderungen von Plänen oder Zeitplänen?

Glücklicherweise hatten wir bereits im Februar zwei abschließende Workshops in unserem CEE Climate Policy Frontier-Projekt organisiert, so dass Experten aus sechs Ländern noch die Möglichkeit hatten, sich in Warschau und Bukarest persönlich zu treffen.

Aleksander-Sniegocki
Aleksander Śniegocki; Foto: WiseEuropa

Wir sehen zwar einige Verzögerungen bei der Einrichtung von Folgeinitiativen, da sich die Behörden in der Region zunächst auf die Krise konzentrieren, aber ich denke, dass das Interesse an einer intraregionalen Zusammenarbeit nach wie vor groß ist. In unserem zweiten Projekt, das sich auf die Landschaft der Klimafinanzierung konzentriert, beabsichtigen wir, Webseminare anstelle von Workshops zu organisieren. Anfangs waren wir besorgt, dass die Krise das Sammeln von Daten beeinträchtigen könnte, die wir für unsere Studie über die Finanzierung von Gebäuderenovierungen benötigen, aber die polnischen Behörden, die für die Verwaltung inländischer und europäischer Gelder in diesem Bereich zuständig sind, reagierten weiterhin sehr aufgeschlossen.

Welche Art von Maßnahmen ergreifen Sie, um die Zusammenarbeit mit Ihren Partnern gerade jetzt aufrechtzuerhalten? Wie können bestehende Netzwerke und Austauschformate bestehen bleiben?

Wir haben in unseren Projekten schon lange vor der Krise Telekonferenz-Software sowohl für die interne Kommunikation als auch für den Austausch mit Interessengruppen eingesetzt. Jetzt bauen wir auf diesen Erfahrungen auf. Ich denke, dass es auch ohne persönliche Treffen noch möglich ist, konstruktive Diskussionen und Wissensaustausch durchzuführen. Wir müssen uns allerdings anpassen und zum Beispiel eine größere Anzahl von Diskussionen in kleineren Gruppen statt in einer großen Runde zu organisieren. Auch die Tagesordnungen müssen wir darauf anpassen und mehr Pausen einbauen, um die Konzentration der Teilnehmer aufrechtzuerhalten.

Gewinnt oder verliert das Klimathema in Ihrem Land derzeit an Bedeutung?

Die Schlagzeilen werden von der Coronavirus-Krise und den Auswirkungen des Lockdowns beherrscht.

Mehr über CEE Climate Policy Frontier und Landscape of Climate Finance

CEE Climate Policy Frontier

Doch trotz der viel publik gemachten Behauptungen einiger polnischer Politiker, dass wir die Klimapolitik pausieren sollten, ist dies keine Position, die von der Regierung als Ganzes oder der Öffentlichkeit unterstützt wird. Das Klimaministerium hat bestätigt, dass die Energiewende weitergehen wird, und arbeitet an Maßnahmen, um die erneuerbare Industrie auch in Krisenzeiten zu unterstützen. Die Diskussion über Klimaziele sowohl für 2030 als auch für 2050 ist nicht in Vergessenheit geraten. Ich gehe davon aus, dass die Klimafragen in den kommenden Monaten noch mehr an Bedeutung gewinnen werden, da wir jetzt vor einer der schlimmsten Dürreperioden seit vielen Jahren stehen.

Die Diskussion über Klimaziele sowohl für 2030 als auch für 2050 ist nicht in Vergessenheit geraten.

Aleksander Śniegocki, WiseEuropa

Welches Potenzial hat die Digitalisierung, um den Klimaschutz zu fördern – nicht nur in den Schulen, sondern generell?

Innerhalb der Klima-Community sehe ich, dass die politischen Diskussionen viel umfassender geworden sind, da man nicht mehr nach Brüssel reisen muss, um an den Veranstaltungen auf europäischer Ebene teilzunehmen. Ich hoffe, dass die Rolle webbasierter Veranstaltungen ständig zunehmen wird, was die Entwicklung einer gemeinsamen, ehrgeizigen europäischen Antwort auf die Klimakatastrophe beschleunigen wird. Auf der systemischen Ebene wird uns die Einbeziehung der digitalen Kommunikation auch ermöglichen, unnötige Reisen zu reduzieren und die damit verbundenen Emissionen zu verringern.

Gibt es Ihrer Meinung nach irgendetwas, was die EU tun könnte, um das Klimathema wieder auf die Tagesordnung zu bringen, auch angesichts der bedrohten Wirtschaften?

Auf EU-Ebene haben wir bereits zahlreiche Erklärungen gesehen, in denen wir uns weiterhin zum Klimaschutz verpflichten. Jetzt kommt es darauf an, die europäische Green-Deal-Politik umzusetzen und kohlenstoffintensive Investitionen in das Konjunkturpaket zu vermeiden. Es muss auch sichergestellt werden, dass die Krisenreaktion nicht auf Kosten struktureller, langfristiger Maßnahmen wie der Unterstützung der MOE-Region bei ihrem grünen Übergang geht.

Es muss auch sichergestellt werden, dass die Krisenreaktion nicht auf Kosten struktureller, langfristiger Maßnahmen wie der Unterstützung der MOE-Region bei ihrem grünen Übergang geht.

Aleksander Śniegocki, WiseEuropa

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