Interview: Journalismus-Stipendiat gewinnt Preis

Der ungarische Journalist Gergely Nagy hat sich an dem von der EUKI finanzierten Projekt „Klima- und Energiestipendium für Journalisten aus Mittel- und Osteuropa“ beteiligt. Während seines Stipendiums schrieb er einen Artikel über die Energiewende in Deutschland, der mit einem Preis des ungarischen Verbandes der Energiehändler ausgezeichnet wurde. Der Verband vergibt jedes Jahr einen Preis an den Journalisten, der im Vorjahr den besten Artikel zum Thema Energie geschrieben hat.

Veröffentlicht: 06. Mai 2019
Gruppenfoto von etwa 13 Leuten, dir freundlich in die Kamera gucken.
Ungarischer Journalist Gergely Nagy. Foto: Gergely Nagy

In seinem Beitrag gab Nagy einer ungarischen Leserschaft einen ebenso umfassenden wie gut verständlichen Überblick über die deutsche Energiewende. Dabei ging er in seiner Analyse auf verschiedene Aspekte wie Politik, Gesellschaft und die Anti-Atomkraft-Bewegung ein.

Wie hat sich Ihr Interesse an dem Thema des Artikels entwickelt? Warum haben Sie sich ausgerechnet für dieses Thema entschieden?

Ich habe den Artikel während des EUKI-Stipendienprogramms geschrieben – mein erster Artikel über die Energiewende in Deutschland. Er war für eine ungarische Leserschaft bestimmt. Manchmal wird die deutsche Energiewende von Journalisten oder Experten in Ungarn erwähnt, aber ich denke, dass das Konzept der Energiewende in Ungarn noch nicht die Bedeutung hat, die es haben sollte. Der Begriff „Energiewende“ erscheint schwammig und nicht genau definiert. Mein Ziel war es, das Thema verständlich darzustellen.

Kürzlich haben Sie vom Verband der ungarischen Energiehändler für diesen Beitrag eine Auszeichnung für den besten Artikel des Jahres 2018 zum Thema Energie erhalten. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?

Ich möchte diese Auszeichnung nicht überbewerten, aber natürlich stellt sie eine schöne Bestätigung meiner Arbeit dar. Wichtig ist mir vor allem, dass mein Artikel von Energieexperten und nicht von Journalisten beurteilt wurde. Deshalb war die Auszeichnung eine angenehme Überraschung. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass es mir gelungen ist, das komplexe Thema leicht verständlich zu erklären, wodurch ich einem breiten Publikum vermitteln konnte, was „Energiewende“ eigentlich bedeutet.

Wie haben Sie von dem EUKI-Stipendienprogramm erfahren, und warum haben Sie sich für eine Teilnahme entschieden? Würden Sie das Programm auch anderen Journalisten empfehlen?

Tatsächlich habe ich das Programm bereits anderen Journalisten empfohlen. Einer davon ist ein Freund von mir, der bei einem Radiosender in Ungarn arbeitet. Das Stipendienprogramm war für mich eine großartige Erfahrung. Als mein Chefredakteur mir davon erzählte, fand ich es sehr interessant und beschloss, mich darüber zu informieren. Nachdem ich mehr über das Programm gelesen hatte, sah ich darin eine hervorragende Gelegenheit, um über Energiethemen zu schreiben – ein Gebiet, aus dem ich besonders gerne berichte.

Gergely Nagy erhält vom Verband der ungarischen Energiehändler eine Auszeichnung für den besten Energiereport 2018. Foto: Gabor Sióréti.

Was war für Sie das Wichtigste, was Sie in Ihrer Stipendiatenzeit gelernt haben?

Ich habe in dieser Zeit viele positive Erfahrungen gemacht. Wenn ich eine davon besonders hervorheben müsste, so wäre dies die Aufgabe, die ich mir selbst gestellt habe. Die Anpassung und die Arbeit in einem neuen kulturellen Umfeld fielen mir am Anfang nicht leicht. Ich bin wegen des Stipendienprogramms nach Deutschland gekommen, kannte keine Experten und wusste nicht viel über die Politiker und überhaupt nichts über die deutsche Energielandschaft. Ich fing also praktisch bei null an. Außerdem musste ich mit den Leuten Englisch sprechen bzw. schreiben, also in einer Sprache, die weder meine Muttersprache war, noch die ihre. Das war etwas ganz anderes als meine Arbeit in Ungarn. Der Aufenthalt und die Arbeit im Ausland, die Notwendigkeit, sich umfassend über die wichtigen Akteure in Deutschland zu informieren, in einer Fremdsprache zu kommunizieren und die Geschichten, die ich im Kontext eines anderen Landes gehört habe, richtig einzuordnen, das waren sowohl die größten Herausforderungen, als auch die wertvollsten Erfahrungen für mich.

Was war die wichtigste Erkenntnis oder Schlussfolgerung im Hinblick auf die aktuellen Ziele der Energiewende?

Ich würde nicht von einer großen Erkenntnis oder Schlussfolgerung sprechen, sondern von einem Überblick für eine ungarische Leserschaft, die sich der Diskussion und der energiepolitischen Entwicklungen in Deutschland nicht bewusst ist. Natürlich war das Ziel, die CO2-Emissionen zu verringern Teil meines Fazits. Im letzten Herbst begann in Deutschland eine große Debatte über die Kohleverstromung, die noch andauert. Auch auf diesen Punkt bin ich in meinem Artikel eingegangen. Eine weitere Frage war, wie das Land den Strom aus konventionellen Energiequellen wie Kohle und Kernkraft durch erneuerbare Energien ersetzen kann. Darüber hinaus habe mich auf die soziale Dimension der Energiewende konzentriert. Ich habe die Frage gestellt, wie die deutsche Gesellschaft die Energiewende sieht und war überrascht davon, welche Unterstützung sie insgesamt genießt. Es ist ermutigend zu sehen, wie sich eine ganze Gesellschaft von ihren Vorurteilen abwendet und ihre Einstellung zum Thema Energie ändert.

EUKI Journalistenprogramm – Treffen in Berlin. Foto: EUKI/GIZ

Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach die Journalisten bei den Maßnahmen gegen den Klimawandel?

Uns Journalisten fällt eine wichtige Aufgabe zu, da wir die Menschen informieren. Ich bin davon überzeugt, dass niemand die Öffentlichkeit so gut informieren kann wie ein Journalist. Der Klimawandel ist eine klare Geschichte mit einer klaren Botschaft: Wir müssen den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur stoppen oder zumindest verlangsamen. Gerade in den letzten Jahren ist dieses Thema dringender geworden als je zuvor. Gleichzeitig wissen die Menschen viel mehr darüber wenigstens hoffe ich das. Ich glaube, dies ist auf viele gute Artikel zu den Themen Klimawandel und Energie und auf das Engagement entschlossener Journalisten zurückzuführen.

Vielen Dank für das Interview!

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