“Vielleicht können wir in Zukunft davon profitieren”

von Štěpán Vizi, GIZ/EUKI

Štěpán Vizi ist Klimapolitik-Experte und Projektkoordinator bei der tschechischen NRO Centre for Transport and Energy (CDE), die auch das EUKI-Projekt Green Deal CEE durchführt. Sein Fokus liegt auf EU-Klima- und Energiepolitik. Er ist außerdem Co-Autor von “Karbon”, dem ersten tschechisch-deutschen Podcast zur Klimakrise. Wir haben ihn auf der EUKI-Konferenz 2022 in Berlin getroffen:

Veröffentlicht: 21. Oktober 2022
Portrait Štěpán Vizi

Štěpán, was ist dein Eindruck von der EUKI-Vernetzungskonferenz 2022?   

Für mich war es eine schöne Erfahrung, da die EUKI noch sehr neu für mich ist. Die EUKI-Konferenz ist eine gute Möglichkeit, um von den verschiedenen EUKI- Projekten und Aktivitäten zu erfahren und mit den Menschen, die hinter dem Projekt stehen, in Kontakt zu treten. Vielleicht können wir in Zukunft davon profitieren!

Welche Folgen hat die Energiekrise in Tschechien? Wie geht die Regierung damit um?  

Das ist offensichtlich ein großes Thema: Seit Herbst letzten Jahres steigen die Preise. Viele Menschen sind von Energiearmut bedroht und haben Angst davor, was diesen Winter passieren wird. Die Regierung hat Zeit gebraucht, um darauf zu reagieren. Eine ihrer Maßnahmen ist es, Haushalten und Unternehmen eine Obergrenze für Strompreise zu setzen. Wir nähern uns auch einer europäischen Lösung, die Ende September beschlossen werden soll. Diese beiden Maßnahmen sollten sich in gewisser Weise ergänzen und einander helfen. Das Problem wird jedoch sein, dass die Haushalte mit geringem Einkommen viel höhere Preise als bisher zahlen werden und infolgedessen Hilfe brauchen werden. In Österreich beispielsweise gibt es Lösungen, bei denen nur eine Obergrenze für den Verbrauch gilt. Wenn mehr Energie verbraucht, als bezahlt wird, wird der Marktpreis gezahlt, was einen größeren Anreiz zum Energiesparen bietet. Im Moment hält die tschechische Regierung jedoch an den genannten Maßnahmen fest. Wir werden sehen, welche Auswirkungen sie haben

Die neue tschechische EU-Ratspräsidentschaft könnte eine Veränderung bewirken. Können Sie uns mehr über die Präsidentschaft erzählen? Wie geht sie mit der schwierigen Aufgabe um, einen Plan zur Erreichung der Ziele des Green Deal und zur Bewältigung der Energiekrise zu entwerfen?   

Der Ratsvorsitz befindet sich in einer recht guten Position, um das Fit-for-55-Paket auszuhandeln, welches derzeit das wichtigste Thema in der Klimapolitik ist und im Trilog verhandelt wird. Bislang versuchen sie den richtigen Weg zu gehen und so viel wie möglich auszuhandeln. Das komplizierteste Thema ist die Ausweitung des Emissionshandelssystems auf Gebäude und Verkehr und der soziale Klimafonds, der sehr eng damit verbunden ist. Hierbei sind die Positionen des Parlaments und des Rates sehr gespalten. Es ist jedoch noch zu früh, um Annahmen zu treffen. Wir werden also sehen, was passieren wird.

Wie würden Sie die Rolle der EUKI in Tschechien beschreiben?   

Da sich unser Projekt auf ganz Mittelosteuropa konzentriert und EUKI viel mit internationaler Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu tun hat, würde ich mich nicht nur auf Tschechien konzentrieren. Gleich zu Beginn des Projekts haben wir einen Workshop organisiert, bei welchem wir die Bedürfnisse der Partner in Mittelosteuropa und potenziellen Akteuren als Partner identifiziert haben. Interessanterweise kam dabei auf, dass viele Menschen an einer stärkeren Zusammenarbeit mit Unternehmen interessiert sind. Oft wissen sie aber nicht, wie sie diese Art von Zusammenarbeit angehen sollen, wie sie diese effektiv gestalten können und welche Möglichkeiten es gibt. Das ist also etwas, womit wir uns in den letzten Monaten in Tschechien intensiver beschäftigt haben. Als nächstes wollen wir herausfinden, was genau in anderen Ländern nützlich wäre, darauf aufbauen und versuchen, unsere Erfahrungen aus Tschechien auf andere Länder wie Polen, Slowakei und Ungarn zu übertragen. Die EUKI unterstützt die MOE-Länder also sehr dabei, gegenseitig von Erfahrungen zu lernen. 

„Die EUKI unterstützt die MOE-Länder also sehr dabei, gegenseitig von Erfahrungen zu lernen.“
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Štěpán Vizi
Klimapolitik-Experte und Projektkoordinator bei der tschechischen NRO Centre for Transport and Energy (CDE)

Sie und Ihr Kollege Filip Rambousek haben in Zusammenarbeit mit Radio Prag International den ersten Podcast auf Tschechisch und Deutsch über den Klimawandel produziert. Kürzlich wurde er für einen tschechischen Radiopreis nominiert. Glückwunsch, wie erarbeitet ihr die Podcasts?    

Wir wählen immer ein breitgefächertes Thema wie Energie, erneuerbare Energien, Kernenergie oder Verkehr. Dabei konzentrieren wir uns auf eine bestimmte Frage und versuchen dann, zum Kern des Themas vorzudringen und hervorzuheben, wie es uns Menschen betrifft und wie es unser Leben verändern könnte.    

Wir arbeiten hauptsächlich im tschechischen Kontext, da wir unseren Sitz in Prag haben, laden jedoch immer deutsche Expert*innen ein. Wir konzentrieren uns nicht nur auf einen Vergleich, sondern versuchen die Debatten und Realitäten der beiden Länder gegenüberzustellen. Daraus entwickeln wir etwas, was passend zum Thema interessant ist. Wir laden also immer zwei oder drei Klimaexperten aus beiden Ländern ein, um unsere Themen zu behandeln.   

Was hat euch dazu bewegt, den Podcast zu produzieren?   

Die Idee ist tatsächlich schon ein paar Jahre alt. Damals gab es kaum eine öffentliche Debatte über die Klimakrise. Wenn darüber berichtet wurde, dann oft auf der Grundlage politischer Bekanntgaben. Es gab sehr wenig Raum für Expert*innen, um über die Probleme zu sprechen. Das hat gefehlt, zum Glück hat sich das in den letzten Jahren stark geändert. Aber, es gibt immer noch einige Schwachstellen, und wir versuchen das zu ändern.  

Štěpán, vielen Dank für das Interview. 

Den Podcast “Karbon” finden Sie hier.

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