Klimaschutz im westlichen Balkan
von Oliver-Andre Hoelcke, GIZ / EUKI
Die westlichen Balkanländer streben die EU-Beitrittskandidatur an und müssen dazu auch die EU-Klimaziele, inklusive der Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens, einhalten. Mit der Unterzeichnung der „Green Agenda for the Western Balkans“ (GAWB) im November 2020 und dem GAWB-Aktionsplan hat die Region wichtige Schritte vorgelegt. Doch wie und durch wen können die Agenda und der Plan konkret umgesetzt werden? Auf der Western Balkans EUKI Networking Conference, die vom 25. bis 27. September in Tirana, Albanien, stattfand, wurde nun das „Climate Bridges Network“ offiziell ins Leben gerufen, um vor allen Dingen die Zivilgesellschaft bei der Bildung eines Netzwerks zu unterstützen.
Auf der EUKI Konferenz ging das Climate Bridges Network an den Start
Auf der Veranstaltung, die von der EUKI Academy in Zusammenarbeit mit dem Urban Research Institute (URI) organisiert worden ist, konnte sich die EUKI-Community, die einen großen Teil der Zivilgesellschaft in den westlichen Balkanländern repräsentiert, mit hochrangigen Vertreter*innen der nationalen Regierungen austauschen. Nach einer Einführung in das Thema GAWB durch Zana Vokopola, Direktorin des URI, und dem albanischen Klimaschutzexperten Rezart Kapedani, sprachen die Teilnehmenden darüber, welche Möglichkeiten und Stolpersteine es in den jeweiligen Ländern gibt, sich den EU-Klimazielen anzunähern. Teilnehmende aus Kroatien (EU-Beitritt 2013) und Österreich (EU-Beitritt 1995) berichteten über ihre Erfahrungen und konnten wichtige Hinweise geben. Es wurde deutlich gemacht, ein Netzwerk aus Regierungen, Industrie, Zivilgesellschaft und dem akademischen Sektor zu schaffen, in dem auch unterrepräsentierte Stimmen gehört werden müssen.
Das vom EUKI-Projekt Klimabrücken gegründete Netzwerk Climate Bridges Network wird zusammen mit der Zivilgesellschaft regelmäßige Treffen und Veranstaltungen abhalten. Es sollen Lösungen für einen besseren Klimaschutz in den sechs westlichen Balkanländern sowie in Slowenien, Kroatien und anderen Nachbarländern angedacht werden. Unter Anleitung von Jakob Dietachmair, Direktor der österreichischen NGO CIPRA International Lab diskutierten die Teilnehmenden, wie genau eine Kooperation zwischen Zivilgesellschaft und politischer Ebene ausgestaltet werden sollte.
So sei ein regelmäßiger Austausch auf Augenhöhe für alle Beteiligten wichtig. Als Beeinträchtigung für ein langfristiges und unabhängiges Arbeiten wurden fehlende Grundfinanzierungen von NGOs sowie unregelmäßige Personalwechsel in der Politik und Verwaltung angesehen. Zudem verhindern die teilweise fehlende Ressortzusammenarbeit und mangelhafte Abstimmung zwischen der lokalen und nationalen Verwaltungsebene im Bereich Klimaschutz eine enge Einbindung der Zivilgesellschaft, sagten verschiedene Teilnehmende der Konferenz.
In seiner Eröffnungsrede sprach Dr. Heinz Hetmeier, stellvertretender Generaldirektor für Europapolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimapolitik (BMWK) über die Dringlichkeit der Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Westbalkan sowie die unverzichtbaren Beiträge der EUKI-Projekte für den Klimaschutz. In der anschließenden Keynote legte Adam Cwetsch, Leiter der European Green Deal Abteilung im Energy Community Secretariat, dar, wo der Westbalkan bei der Angleichung an den EU-Strommarkt steht und welchen Beitrag die Zivilgesellschaft leisten muss: „Sie ist der Anwalt für grüne Politik, bei der schwere Entscheidungen zu treffen sind. Sie steuert den Fortschritt, schafft Aufmerksamkeit und mobilisiert zivilgesellschaftliche Gruppen, um sich zu engagieren und Verantwortung zu zeigen.
“Acting as an advocate for green policies, for difficult decisions to be made, monitor progress, raise awareness, and mobilize communities to take action and responsibilities.”
Adam Cwetsch, Leiter der European Green Deal Abteilung im Energy Community Secretariat
Die erste Podiumsdiskussion zum Thema Engagement der Länder für die Ziele der Green Agenda war hochgradig besetzt. Es sprachen der serbische Vizeminister für Umweltschutz Dusan Carkic, Staatssekretär Nebi Rexhepi aus Nordmazedonien vom Ministerium für Umwelt und Raumplanung, die albanische Vizeministerin für Tourismus und Umwelt Almira Xhembulla, Vizeminister für Umwelt, Raumplanung und Infrastruktur Avni Zogiani aus dem Kosovo, sowie Vizeminister für Außenhandel und Wirtschaftsbeziehungen Mirza Hujic aus Bosnien und Herzegowina. Sie alle konnten über entsprechende Gesetze und durchgeführte Projekte aus ihren Ländern berichten.
Im zweiten Panel nahmen neben EUKI-Projektpartnern Valbona Mazreku, die das Projekt EUCENA vertrat, und Vedad Suljic, Vertreter von Balkan Solar Roofs, Andrea Ferrero, Leiter der Abteilung II der EU-Delegation in Albanien, und Adam Cwetsch vom Energy Community Secretariat teil. Sie tauschten ihre Ansichten über die Maßnahmen aus, die bereits im Rahmen der EUKI-Projekte ergriffen wurden, und über die Rolle, die die EU dabei spielen muss. Alle Beteiligten konnten die Frustration über ineffiziente Entscheidungsprozesse und die mangelnde Verantwortung der zuständigen Institutionen für die Umsetzung des GAWB-Aktionsplans nachvollziehen. Die Redner*innen waren sich einig, dass unzureichende Kapazitäten, insbesondere in den lokalen Verwaltungen, sowie ein mangelndes öffentliches Bewusstsein oft den Klimaschutz behindern. Programme zum Aufbau von Kapazitäten, die Einbindung vieler Interessengruppen und zielorientierte Finanzierung, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Defizite eines jeden Landes abgestimmt ist, wurden als vielversprechende Lösungsansätze festgehalten.
Die dreitägige Konferenz endete mit einer Exkursion zur Gustav-Mayer-Schule in Tirana, in der zwei Projekte zur nachhaltigen Stadtplanung und zur Solarenergie im Eigengebrauch vorgestellt wurden. Innerhalb des Projekts „Sustainable Urban Transport“ wurde eine sicherere, besser begehbare Umgebung für Kinder sowie eine klimafreundlichere Verkehrssituation geschaffen.
Die „Sunny Schools Initiative“ dagegen installierte eine Solaranlage auf dem Dach der Schule, um eine eigenständige, nachhaltige Energieversorgung zu ermöglichen.
Die Teilnehmenden der Konferenz waren sich einig, dass die Western Balkans EUKI Networking Conference einen wichtigen Beitrag zur Diskussion geleistet hat, wie der westliche Balkan bei der Umsetzung der Green Agenda am besten Fortschritte machen kann.
Den Konferenzbericht zur Western Balkans EUKI Networking Conference 2023 in Tirana finden Sie hier.